Eilmeldungen müssen nicht wichtig sein
+++ EILMELDUNG +++ Zustand Michael Schumachers leicht verbessert
So schreibt eine überregionale Tageszeitung in ihrem Facebook-Auftritt – und prompt hagelt es harsche Reaktionen. Was denn daran so wichtig sei, fragen einige Leute, ob es nichts Dringenderes gebe und so weiter und so fort. Dass es immer wieder zu solcher Kritik kommt, hat vor allem einen Grund: Der journalistische Begriff “Eilmeldung” wird einem Publikum hingeworfen, das ihm eine andere Bedeutung beimisst als wir Journalisten.
Die Eilmeldung kommt aus der Welt der Nachrichtenagenturen, also jener Unternehmen, die andere Medien mit Nachrichten versorgen, die diese dann weiterverbreiten oder auf ihrer Grundlage eigene Geschichten recherchieren. Die Medien – vor allem Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehsender – haben die Angebote der Nachrichtenagenturen in der Regel abonniert und bekommen sie elektronisch in ihre Redaktionssysteme geliefert. Viele nennen das “Ticker”. Mehrere Tausend solcher Tickermeldungen kommen täglich in den Redaktionen an. Viele von ihnen sind sogenannte Verlaufsmeldungen, die die Entwicklung eines Ereignisses verfolgen. Neben ihnen gibt es natürlich auch die wirklichen Neuigkeiten. Das sind Meldungen, durch die wir erstmals von einem Ereignis erfahren. Und dann gibt es die Eilmeldungen. Gehören sie nun zu den Neuigkeiten oder zu den Verlaufsmeldungen?
Beides ist möglich, denn zur Eilmeldung wird eine Meldung vor allem durch die Relevanz des Ereignisses, auf die sie sich bezieht. Diese Relevanz wird zuallererst durch diejenigen definiert, die die Eilmeldung herausgeben. Das geschieht nicht willkürlich, sondern nach bestimmten Kriterien.
Dass es aus dem Publikum immer wieder mal Kritik daran gibt, welche Nachrichten zu Eilmeldungen werden, liegt in erster Linie an der weitverbreiteten Auffassung, relevant sei nur, was allgemein als bedeutend, wichtig, staatstragend usw. empfunden wird. Diese Auffassung widerspricht nicht selten dem Leseverhalten selbst derer, die sie artikulieren. So zeigen aktuelle Messungen im Rahmen des Projekts Lesewert bei drei verschiedenen Zeitungen, dass die Artikel über Michael Schumachers Unfall am 30. und 31. Dezember zu dem meistgelesenen der Ausgaben gehörten. Dagegen erweckte ein Großteil der Wortmeldungen in den Diskussionsforen großer Tageszeitungen und auf Facebook den Eindruck, das Thema sei nicht wichtiger als ein in China umgekippter Sack Reis.